Hell awaits – Doom (Singleplayer)

Im Jahr 1993 erschien mit Doom ein Titel, der die gesamte Videospielwelt auf den Kopf stellte. Nicht nur war der Titel einer der Mitbegründer des Ego-Shooter-Genres, auch die düstere und dichte Atmosphäre und „Story“ rund um die Tore der Hölle, die sich auf einer Raumstation auf dem Mars auftun, verängstigte und begeisterte Spieler gleichzeitig.

Nun haben id Software mit Doom einen Reboot der Serie veröffentlicht, der im Vornherein bereits als würdiger Nachfolger angepriesen wurde und sich auf alte Qualitäten berufen soll, die Reihe dabei aber in das 21. Jahrhundert heben soll. Ob dieser zugegeben mutige Plan angemessen umgesetzt werden konnte und wie sich Doom ganz allgemein spielt erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.

Direkt bei Spielstart wird klar: uns erwartet hier kein Call of Duty oder Halo. Es läuft zwar eine Story nebenher, diese ist aber relativ obsolet. Wir erwachen auf einem Altar, umgeben von ehemaligen Kollegen, die von der Energie der Hölle, die durch ein offenes Portal strömt, in willenlose Dämonen transformiert wurden. Als ob das nicht genug wäre trachten diese auch noch nach unserem Leben.

Glücklicherweise befindet sich neben unserem ungewöhnlichen Bett auch eine Pistole, die wir prompt an uns nehmen und damit unsere Ex-Mitarbeiter endgültig aus dem Leben schießen. Im nächsten Raum finden wir den kultigen Praetor-Kampfanzug unseres Protagonisten, in dem wir für den Rest des Spiels stecken sollen. Willkommen bei Doom. Erzählt wird nebenher eine Geschichte über Olivia Pierce, eine Wissenschaftlerin, die sich die Energie der Hölle zu nutzen machen will. Unser Ziel lautet fortan, diese aufzuhalten, um weiteren Schaden zu verhindern.

So ruhig wie hier auf der Oberfläche des Planeten geht es nur selten zu.

So ruhig wie hier auf der Oberfläche des Planeten geht es nur selten zu.

Auch wenn dieser Einstieg relativ ruppig klingen mag, er fühlt sich komplett organisch an und das Gameplay kommt direkt vertraut vor – zumindest wenn bereits Erfahrungen im Genre gesammelt wurden. Jedoch wird auch Neueinsteigern geholfen, es gibt ausführliche Tutorials, die jeden Aspekt des Spiels erklären. Die vier Schwierigkeitsgrade (Nightmare ist jedoch zu Beginn gesperrt) bieten für jede Skill-Stufe etwas, auch wenn „Ultra-Violence“, der schwerste der drei zu Beginn wählbaren, sich fast ein bisschen leicht anfühlt. Diese sind bisweilen auch für erfahrene Spieler sinnvoll, da es einige neue Features gibt, die nicht zwangsläufig so selbsterklärend sind wie „laufen, schießen, töten“. Dazu im folgenden mehr.

Die offensichtlichste Neuerung dürften die Glory Kills darstellen. Sobald wir einen Gegner auf einen bestimmten Lebenspunktestand herunter geschossen haben, leuchtet dieser orange auf. Sofern wir nah genug an dem geschwächten Feind stehen reicht ein Druck auf die richtige Taste und unser Marine führt einen deftigen Nahkampfangriff aus, der nicht selten ausgerissene Gliedmaßen, zerquetschte Schädel und Fontänen aus rotem Lebenssaft mit sich bringt. Spätestens an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Doom auf keinen Fall in die Hände von Minderjährigen gehört. Die Gewaltdarstellung schafft es zwar, so überzogen zu sein, dass zu keiner Zeit an Realismus gedacht wird, allerdings sind sowohl das höllische Setting aus auch die Tötungsanimationen definitiv nichts für zart besaitete Gesellen.

Doom Hell

So ein Feuerball!

Neben der Gewissheit, einen Feind im direkten Nahkampf in seine Einzelteile zerlegt zu haben, bringen die Glory Kills noch einen Vorteil mit sich, der vor allem auf höheren Schwierigkeitsstufen von entscheidender Bedeutung ist: die erlegten Feinde lassen Lebensorbs fallen. So etwas wie sich schwer angeschlagen in Deckung zu begeben, um die eigenen Wunden verheilen zu lassen gibt es nicht. Wir haben eine gewisse Anzahl an Lebenspunkten und sobald diese Null erreicht sind wir tot und dürfen den Abschnitt erneut versuchen. Um unser frühzeitiges Ableben zu verhindern gilt es, Medikits und Rüstung zu finden. Oder eben genug Dämonen durch Glory Kills zu erlegen.

Natürlich stellen die ultrabrutalen Nahkampfkills nicht die einzige Neuerung dar. Unsere Waffen lassen sich nun mit Mods ausrüsten, die sie durch verschiedenste Sekundärmodi aufwerten. Für jeden Schießprügel (außer die Standard-Pistole) gibt es zwei Modifikationen, die von einem explosiven Geschoss für unsere Schrotflinte über eine flächendeckende Hitzewelle für die Plasmagun bis hin zu einem Zielsucher für den Raketenwerfer reichen. Die Mods werden jedoch nicht einfach im Spielverlauf freigeschalten, es gilt die stellenweise sehr gut versteckten Versorgungsdrohnen in den Levels zu finden. Sobald wir einen der kleinen Roboter gefunden haben, dürfen wir genau eine Waffe mit einer Fähigkeit ausrüsten.

Bei den sekundären Feuermodi ist jedoch noch nicht das Ende der Waffenanpassungen erreicht. Durch Herausforderungen, von denen es pro Abschnitt drei Stück gibt, verdienen wir uns Waffen-Upgrade-Punkte, durch die wir die Fähigkeiten weiter aufrüsten können. So werden Aufladezeiten verringert, Sprengwirkungen erhöht oder die Anzahl der abgeschossen Projektile vervielfacht werden. Es ist also durchaus sinnvoll, die Challenges zu erledigen. In späteren Levels können die Punkte zudem durch das Erledigen einer gewissen Anzahl an Gegnern verdient werden.

Doom Infested

Die infizierten Mitarbeiter sind mehr Kanonenfutter als Gegner.

Das Waffenarsenal selbst besteht zum größten Teil aus Klassikern. Zu der anfänglichen Pistole gesellen sich ein moderne Schrotflinte mit Magazin sowie die klassische zweiläufige Variante, ein Maschinengewehr und eine Plasma-Gun, der obligatorische Raketenwerfer und natürlich die BFG – die Big f*cking Gun. Nachgeladen wird in Doom nicht, das würde den Spielfluss auch zu sehr stören. Der Titel bleibt den Wurzeln der Serie treu, der Fokus liegt auf schnellen und intensiven Feuergefechten, bei denen der Adrenalinspiegel schnell unter die Decke schießt. Die Gegnerhorden werden ständig größer und stärker und so gilt es, die Waffen mitsamt ihrer Spezialfähigkeiten gut im Griff zu haben, ebenso wie den gezielten Einsatz unseres Equipments. In diesem Sektor bieten sich beispielsweise Granaten oder Holo-Abbildungen unserer selbst, die Feinde ablenken sollen. Nach dem Einsatz braucht die Zusatzausrüstung eine gewisse Zeit, bis sie wieder einsatzfähig ist.

Auch unser Praetor-Anzug kann aufgewertet werden. Hierfür benötigen wir Upgrade-Module, die wir aus den Rüstungen gefallener Soldaten entnehmen können. Die Punkte, in denen wir unser schmuckes Bekleidungsstück aufwerten können lauten wie folgt:

  • Leben: Erhöht die maximale Lebensenergie
  • Rüstung: Erhöht die maximale Rüstung
  • Munition: Erhöht die maximale Munitionskapazität

Natürlich liegen die toten Soldaten nicht einfach auf der Straße, es gilt jeden Winkel zu untersuchen, um auch noch den letzten Upgrade-Punkt zu finden. Ganz allgemein bringt Doom neben den extrem schnellen und brutalen Feuergefechten das Element des genauen Untersuchens der Level aus den Klassikern wieder mit. In jedem Abschnitt lassen sich verschiedenste Geheimnisse finden, die neben tatsächlichen Vorteilen manchmal auch einfach nur ein nettes Flashback an alte Tage bringen. So finden sich in den Levels stets kleine Action-Figuren, die Melodien aus den ersten Serienablegern abspielen. Besonders gelungen ist ein ganzer versteckter Abschnitt, der tatsächlich den Teil einer Map aus dem ersten Doom darstellt. Hier betreiben id Software ganz klar Fanservice auf höchstem Niveau. 

Doom Classic

Serienveteranen dürfte dieser Anblick bekannt sein.

Die Gegner sind größtenteils ebenfalls Bekannte aus alten Tagen. Der klassische Imp findet ebenso seinen Platz wie der Baron of Hell, der Revenant, der Cacodemon oder der Mancubus. Für jedes dieser Monster gibt es übrigens mehrere Glory Kills, es zahlt sich also aus, auf das orange Leuchten zu achten, um auch wirklich alle Animationen zu sehen.

Die Schauplätze gestalten sich nur bedingt abwechslungsreich, sind dafür atmosphärisch aber sehr gut inszeniert. Während wir uns in der ersten Spielhälfte noch durch eine UAC-Basis (Union Aerospace Corporation) ballern, die an allen Ecken und Enden mit dämonischen Runen überzogen ist und deren Wände mehr Blut als Stahl sind, verschlägt es uns im Spielverlauf auch in die Hölle selbst. Hier wurde noch einmal gehörig an der Stimmungs-Schraube gedreht, die Unterwelt ist wunderbar anzusehen und die grandiose Soundkulisse tut ihr Restliches, so dass eine einzigartige Atmosphäre geschaffen wird, die dem, was das Original im Jahr 1993 darstellte, in nichts nachsteht.

Rein optisch ist Doom kein Überflieger – was nicht heißen soll, dass der Titel schlecht aussieht. Von Uncharted 4 oder grafisch ähnlichen Konsorten verwöhnte Augen dürften zwar über deutlich schwächere Texturen und nicht ganz so ansehnliche Charaktermodelle maulen, der Fokus von Doom liegt aber auf zwei Punkten: dichter Atmosphäre und flüssigem Gameplay. Beides gelingt dem Shooter ohne weiteres, so dass die nicht ganz so starke Optik mehr als verschmerzbar ist, im Zweifel kriegen wir in den rasanten Gefechten ohnehin eher wenig von unserer Umwelt mit. Der Sound tut sein übrigens, wuchtiger Industrial-Metal peitscht uns durch die Levels und jede Waffe sowie jede Explosion klingen so intensiv, wie sie es sollten. Auch die Glory Kills mit ihren knackenden Leibern sowie die wütend schreienden Dämonen wurden perfekt umgesetzt. Doom sollte auf jeden Fall mit anständigen Boxen oder sogar mit sehr guten Kopfhörern gespielt werden, um das volle Klangspektrum erleben zu können.

Doom Hölle

Die Tore der Hölle erzeugen direkt Gänsehaut.

Wie schlägt sich Doom also in der heutigen Zeit? Eines sei direkt gesagt, die Entwickler sind sich und der Serie treu geblieben und das ist auch gut so. Im Sekundentakt platzen Köpfe, werden Gedärme nach außen gestülpt und überzogen rabiate Manöver vollführt. Unser Protagonist ist das ganze Spiel über stumm, ein Inbegriff des schweigsamen harten Mannes. Das Blut tropft dem Titel aus allen Poren, Gnade gibt es nicht, es heißt Töten oder getötet werden. Somit wird Fans klassischer Ego-Shooter genau das geliefert, was sie wollen: ein ultraschneller, superbrutaler Shooter, der alte Qualitäten ohne Wenn und Aber nimmt, sie lediglich in ein technisch neues Gerüst drückt und auf die Spielerschaft los lässt. Doom ist ein Relikt längst vergangener Zeiten, das sicherlich nicht jedermanns Geschmack trifft. Solltet ihr jedoch kompromissloser Action ohne tieferen Anspruch auch nur einen Hauch Sympathie entgegen bringen, so ist der Titel ein definitiver Pflichtkauf.

Disclaimer: Alle Screenshots wurden auf dem PC in Ultra-Settings angefertigt.