The Heavy Rain and Beyond: Two Souls Collection (PS4)

Mit Remastered Titeln ist es ja so: Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Als ich Freunden erzählte, dass ich grade an der Review zur Quantic Dream The Heavy Rain and Beyond:Two Souls Collection sitze, ging die Diskussion los: Warum schon existente Spiele aufpolieren, statt einfach ganz neue, geniale Spiele zu produzieren? Klar, diese Frage hat schon ihre Berechtigung. Vor allem in diesem Fall, denn ich kann gleich vorweg nehmen: Bei beiden Spielen ist so ziemlich alles beim Alten geblieben. Trotzdem hat diese Remastered Collection für mich eine legitime Daseinsberechtigung. Der Grund hierfür ist sehr einfach: Beide Spiele sind was das Storytelling angeht unfassbar großartig und sollten einfach niemandem vorenthalten werden, der vielleicht erst im Laufe der letzten zweieinhalb Jahre das erste Mal Konsolenboden betreten hat.

Ich könnte mir vorstellen, dass die folgende Review für all diejenigen unter euch, die eines oder beide Spiele schon gespielt haben, ein wenig repetitiv sein wird. Ich möchte aber eben auch den Neulingen die Chance geben, einen kleinen Eindruck der Geschichten zu bekommen, die sich zum einen um den Origami-Killer bzw. zum anderen um Aiden und Jodie drehen. Wer sich für die (zugegeben wenigen) Details interessiert, die die neuen PS4-Remastered-Titel mit sich bringen, kann jeweils zum Abschnitt „Was ist neu?“ springen.

Sowohl bei Beyond: Two Souls als auch bei Heavy Rein ist der Verlauf der Spielhandlung abhängig von den eigenen Entscheidungen und dem Erfolg oder Misserfolg bei Quicktime-Events und Geschicklichtkeitsaufgaben. Tatsächlich gibt es in Heavy Rain 17 verschiedene Spielausgänge, die auf diese Art erreicht werden können; in Beyond: Two Sould sind es immerhin fünf.

WIE WEIT WÜRDEST DU GEHEN, UM EINE GELIEBTE PERSON ZU RETTEN?

Die Grundhandlung von Heavy Rain entspricht einer klassischen Serienmörder-Geschichte: In einer Stadt in den Staaten werden jährlich im Herbst mehrere Kinder entführt und nach dem gleichen Schema umgebracht: Sie verschwinden ganz plötzlich von der Erdoberfläche und werden anschließend durch Regenwasser ertränkt in der Nähe von Bahngleisen leblos aufgefunden. Auf ihren Körpern liegt dabei immer eine weiße Orchidee und eine Origamifigur befindet sich in ihrer Hand – den Killer nennt die Öffentlichkeit daher auch den „Origami-Killer“.

Im Action-Adventure Heavy Rain kann man insgesamt die Handlungsstränge von vier Personen spielen, die alle in irgendeiner Art und Weise mit den Ermittlungen rund um den Origami-Killer in Verbindung stehen:

– Ethan Mars, der einen Sohn durch einen tragischen Autounfall verlor und dessen zweiter Sohn einige Zeit später Opfer des Origami-Killers wurde. Ethan tut alles dafür, seinen Sohn zurückzubekommen und stellt sich den grausamen Aufgaben des Killers. Seit dem Tag, an dem sein erster Sohn überfahren wurde, leidet Ethan an regelmäßig auftretenden Blackouts von mehreren Stunden.

– Norman Jayden ist ein FBI-Profiler mit technologisch hochmodernem VR- und AR-Equipment und einem akuten Drogenproblem (Triptokain). Er unterstützt die Polizei bei ihrem Ermittlungen im Origami-Killer Fall und gerät dabei häufig mit seinem Partner Carter Blake in Streitsituationen wegen seiner inakzeptablen, gewalttätigen Ermittlungsmethoden.

– Scott Shelby ist Privatdetektiv und ehemaliger Polizist, der im Auftrag der Familien der Opfer des Origami-Killers agiert, um diesen zu finden. Scott hat Asthma und trägt neben seiner Pistole immer sein Asthmaspray in der Tasche, ohne das er einen Anfall nicht überleben würde.

– Madison Paige ist eine Journalistin, die im Fall des Origami-Killers zu seiner Ergreifung ermittelt. Madison leidet unter chronischen Schlafstörungen und treibt sich daher oft in Motels rum, weil sie nur dort ihre Schlaflosigkeit überwinden und den Kopf frei kriegen kann.

Da ich nicht zuviel verraten möchte, sei zum Verlauf der Story nur folgendes gesagt: Ethan Mars muss an seine psychischen und körperlichen Grenzen gehen, um seinen Sohn aus den Fängen des Origami-Killers befreien zu können. Die Polizei verfolgt sehr viele falsche Fährten, bis sie letztendlich glauben, den Killer gefunden zu haben. Die Geschichten der einzelnen Personen werden teilweise verstrickt, die Beweislagen sind nicht immer eindeutig und die Gefahr sich dazu hinreißen zu lassen, den nächsten offensichtlich Schuldigen als Sündenbock zu akzeptieren ist durchgehend sehr groß. Das Spiel hat eine eher düstere Grundstimmung. Es trägt den Namen Heavy Rain nicht umsonst, es regnet jeden Tag ohne Unterlass. Das untermalt die graue, triste Grundmelancholie, die dem Spiel seine unglaublich vereinnahmende Atmosphäre verleiht.

WAS IST NEU?

Tatsächlich leider gar nicht mal so viel. Die Auflösung ist ein wenig besser, dank der aufpolierten 1080p, und die Texturen und Schatten sind etwas schöner dargestellt. Das jedoch, finde ich, ist auch das Minimum, das man von einem Remastered-Titel erwarten kann. Ansonsten gibt es leider keinerlei Veränderungen: Die Quicktime-Events sind teilweise immer noch genauso bescheiden getimed wie früher und bieten demnach Nährboden für ein hohes Frustpotential. Die Steuerung der Charaktere ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig (man läuft nicht mit dem linken oder rechten Stick, sondern durch Drücken von R2) und die Kameraeinstellungen sind ab und an so ungünstig, dass man nicht sehen kann, was man tut oder tun soll. Wirklich schade, gerade hier hätte Quantic Dream im zweiten Anlauf nur ein paar kleine Optimierungen durchführen müssen, die das Spiel ein gutes Stück von „sehr gut“ zu „richtig großartig“ geschubst hätten.

B2S

SEIN NAME IST AIDEN UND ER IST IMMER BEI MIR

Im Action-Adventure Beyond: Two Souls spielen wir das Leben von Jodie Holmes, einem Mädchen mit besonderen Fähigkeiten. Sie ist durch die Hilfe des übersinnlichen Wesens Aiden dazu in der Lage Dinge zu bewegen, Gedanken zu kontrollieren und Menschen zu heilen oder auch umzubringen. Aiden ist Jodies „imaginärer Freund“ und begleitet sie schon seit ihrer Geburt. Im Alter von acht Jahren wird das Mädchen in eine Forschungseinrichtung gebracht, in der sie nicht nur aufwächst, sondern auch dem Militär übergeben wird. Jodie soll zur Spezialagentin ausgebildet werden. Die ganze Lebensgeschichte erleben wir in einem nicht-lineare Handlungsverlauf. Immer im Wechsel springen wir zwischen frühen und späteren Lebensphasen des Mädchens hin und her. Beginnend im Kindesalter spielen wir danach eine Episode aus dem späten Erwachsenenleben, dann geht es wieder zurück ins Teenagealter und erleben danach die Zeit der Agentenausbildung – und so weiter. Die sehr enge, atmosphärische Stimmung, die Beyond: Two Souls versprüht, lässt einen beim Spielen nahezu alles um sich herum vergessen. Man taucht vollkommen in Jodies Geschichte ein, die sie mit ihrem ständigen Begleiter Aiden durchlebt und irgendwo auch durchleben muss. Sie begegnet vielen Menschen, die ihre Fähigkeit als ein Geschenk und eine Gabe ansehen, Jodie selbst empfindet sie lange jedoch nur als Fluch. Wo vereinzelte Spielmechaniken ein bisschen zu wünschen übrig lassen, wiegt die Story diese Defizite hundertfach auf: Jodies Lebensgeschichte bietet ein buntes Sammelsurium aus Emotionen, Action, Fantasie, harter Realität, ungeahnten Plot-Twists und vor allem Authentizität.

Eine schöne Sache ist, dass man Jodie und Aiden sowohl im Singleplayer-Modus als auch im Couch-Coop spielen kann. No shit! Beyond: Two Souls ist eines der (mittlerweile leider rar gesäten) PS4-Spiele, die ihr mit einem Freund oder einer Freundin gemütlich offline vor der Flimmerkiste zocken könnt. Außerdem gibt es in den zusätzlichen Extras des Spiels einen DLC, in dem ihr Jodie und die Entität Aiden unter Zeitdruck durch eine Reihe kniffliger Trainingskammern bewegen müsst. Ein netter Zusatzcontent, der zumindest beim ersten Durchlauf die Gehirnzellen ein wenig anregt.

WAS IST NEU?

Abgesehen von den üblichen grafischen Updates (auch Beyond: Two Souls glänzt nun in 1080p mit neuen Texturen, Schatten etc. pp.), bietet uns Quantic Dream in diesem Game ein paar tatsächliche Neuerungen: Die oben erwähnte nicht-lineare Erzählweise von Jodies Lebensgeschichte lässt sich in den Einstellungen auf einen chronologischen Modus umstellen. Das ist zum einen sicherlich für einige Spieler eine Alternative zum besseren Verständnis, für mich persönlich nimmt es dem Spiel aber seinen gewissen cineastischen Charakter. Außerdem wird uns nach Beenden eines jeden Lebensabschnittes, eine Übersicht unserer getroffenen Entscheidungen und durchgeführten Aktionen präsentiert. Jede einzelne ist mit einer Auswertung versehen, wie viel Prozent aller bisherigen Spieler genau wie wir reagiert oder die andere Option gespielt haben. Etwas schade fand ich hier, dass man leider nicht sehen kann, was die andere Option genau ist.

FAZIT

Alles in allem muss man wohl sagen, dass die The Heavy Rain and Beyond: Two Souls Collection als Remastered Titel eher eine Enttäuschung ist. Die neuen Texturen, aufpolierten Grafiken, Schatten etc. sind schön, aber die immer noch sehr umständliche Steuerung und merkwürdigen Kameraeinstellungen beider spielen strafen den Spielspaß ein wenig ab. Es ist schon schade, dass Quantic Dream aus diesen atmosphärisch und emotional starken, sehr guten Spielen keine fantastischen Spiele gezaubert hat, obwohl genau das mit nur minimalen Anpassungen ein Leichtes gewesen wäre. Nichtsdestotrotz bleibe ich aber dabei: Wer bisher weder den Origami-Killer gejagt, noch Jodie und Aidens Leben gelebt hat, bekommt mit der Remastered-Collection die Chance, das schnellstmöglich in schönerer Optik nachzuholen und sollte das auch unbedingt tun.

BILDER: QUANTIC DREAM