Retro Games Show – Grim Fandango Remastered (1998/2015)

Retro Spiele sind für uns zeitlos. Ob eine Woche, oder zwei Jahrzehnte alt – es sind zwar Spiele aus der Vergangenheit, haben aber einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Ob dieser berechtigt oder unberechtigt, gut oder schlecht ist sei erstmal dahingestellt. Uns wird immer wieder schmerzlich bewusst, dass wir viele „Klassiker“ selbst noch gar nicht gespielt haben. Sei es aufgrund unseres Alters oder einfach aufgrund der fehlenden Zeit. Diesen Umstand wollen wir nun ändern. 

In dieser Artikel-Reihe möchten wir uns gemeinsam mit Euch auf eine Reise in die Vergangenheit begeben. Wir wollen Spiele erleben, die ihrer Zeit voraus waren, die bis heute als Klassiker gelten und noch heute Einfluss auf die Entwicklung von Spielen nehmen. Was haben wir verpasst? Sind manche Spiele vielleicht zu Recht an uns vorbei gegangen? Und was uns brennend interessiert: Begeistern die Knaller von damals auch in der heutigen Zeit noch?

Grim Logo Transparent

Die guten alten Point and Click-Adventures, wie sehr ich sie liebe und heutzutage auch vermisse! Nur wenige wirklich gute, spielbare Point and Clicks werden heute (meiner Meinung nach) noch produziert.  Vielleicht stehe ich mit meiner Meinung da aber nicht ganz alleine da und deshalb werden Remastered-Versionen alter Videospiele jetzt wieder en vogue. Und so hat es auch Grim Fandango, ehemals aus dem Hause LucasArts, der Adventure-Bude schlechthin, jetzt herausgegeben von Double Fine, in die Reihe der Remastered Titel geschafft. Der ein oder andere wird sich jetzt vielleicht gedacht haben: „So richtig retro ist das dann aber ja nicht!“ – ich wäre da ganz bei Dir, wenn ich nicht der absoluten Überzeugung davon wäre, dass das Spiel einfach zu 95% komplett gleich aussieht wie damals. Die Leute von Double Fine haben es sich sehr leicht gemacht und gefühlt einfach mal so gut wie nichts verändert. Deshalb packe ich das Spiel so wie es ist mit gutem Gewissen in diese Rubrik, aber dazu gleich mehr.

Zu Beginn muss ich sagen, dass ich mir Grim Fandango Remastered nicht, wie es sich nach alter Point & Click Manier gehört hätte, für den PC, sondern für meine Playstation geholt habe. Das hing schlichtweg damit zusammen, dass es den Titel im Playstation Plus-Abo im Januar aktuell kostenlos zum Download gibt. Also dachte ich: „Geil! Ein Remake von einem der wenigen Klassiker, die ich damals nicht gespielt habe – auf gehts!“. Dass mich der Titel so sehr enttäuschen würde, hatte ich allerdings nicht gedacht.

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Long story short

In Grim Fandango spielen wir das Leben – oder besser: den Tod –  von Manuel „Manny“ Calavera, der als Verkäufer des DOD (Department of Death) im Reich der Toten festsitzt. Beim DOD landet man, wenn man im Leben nicht genug Gutes vollbracht hat und endet als eine Art Reisebegleiter, der an Verstorbene verschiedene Reisepakete ins Jenseits vertickt. Das macht man dann tagein, tagaus, bis man endlich genügend Credits gesammelt hat, um selbst die Reise ins Jenseits anzutreten. Manny gibt sich wirklich alle Mühe, steht aber immer im Schatten seines Kollegen Domino, der alle fabelhaften Kunden wegschnappt und für Manny nur noch die ganzen Nieten und Versager zurücklässt. Doch eines Tages trifft er auf die süße Mercedes und ihr plötzliches Verschwinden ändert alles für ihn. Er macht es sich zusammen mit dem Dämon Glottis zur Aufgabe, sie wieder zu finden und begibt sich damit Hals über Kopf in ein Abenteuer voller Zwielicht, Gier, Schwindeleien und Verrat.

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Run, Manny, run!

Was mich erst nicht störte, dann aber immer lästiger wurde: Man bewegt sich mit Manny einfach unfassbar langsam durch die Spielwelt, komplett ohne Karte, Schnellreisepunkte oder Abkürzungen jeglicher Art. Früher war das vielleicht nicht so wichtig, aber heute strapazierte das schon die Grenzen meiner Geduld. Es gibt einige nervige Laufszenen, in denen man relativ weit vom einen zum anderen Bildschirmrand laufen, aber sonst original nichts anderes Sinnvolles tun kann. Wozu? Wozu gibt es die?! Hätte ich nicht einfach direkt an meinem Ziel ankommen können, nachdem ich gerade geschlagene zwei Minuten einmal quer durch die Hafenstadt Rubacava hin gelaufen bin und mich währenddessen zwei bis drei Mal verlaufen habe, weil ich mir die Wege nur schwer merken kann?! Womit wir auch gleich zum nächsten Mobilitäts-Kritikpunkt kommen: Das Design der Spielwelt. Wer auch immer der Meinung war, man könne sich in diesem Spiel mit tausenden von Verstrickungen zwischen verschiedenen Wegen, Pfaden, Räumen und Gebäuden sowohl in horizontaler als auch vertikaler Ebene ganz easy zurecht finden, hat sich schlichtweg geirrt! Auch nach den gut acht bis neun Stunden Spielzeit, die ich in dem Spiel bisher verbra(u)cht habe, kenne ich die richtigen Wege noch immer nicht. Ganz besonders problematisch wird es, wenn ich das Spiel mal ein paar Tage zur Seite gelegt habe und mich dann wieder dran setze – die Orientierung muss jedes Mal komplett neu hergestellt werden. Ich kann nur sagen: sehr, sehr, sehr mühsam.

Grim Fandango Remastered 002

Remastered? Ich seh‘ gar nichts!?

Aber kommen wir nun zum eigentlich größten Kritikpunkt an Grim Fandango Remastered: der Grafikqualität! Liegt es nur an mir oder hätte man da schon etwas mehr erwarten können?! Auf der Playstation hat man mit R3 die Möglichkeit von der Remastered Version auf die Originalversion umzuschalten. Als ich das das erste Mal gemacht habe, dachte ich wirklich zwei, drei Versuche lang, dass meine R3-Taste kaputt sei. Ich habe keine Veränderung gesehen, so sehr ich mich auch auf den Fernseher konzentrierte. Die Lösung fiel mir dann irgendwann auf: Double Fine hat die Hintergründe des Spiels einfach so gelassen, wie sie waren, sichtbar neu gemastert ist einzig und allein die Hauptfigur Manny, deren Aussehen sich mit R3 von glatt zu pixelig und andersrum verändert. Sonst nichts. Nichts! Ich hielt das für einen schlechten Scherz, es blieb aber in jeder anderen Spielszene gleich. Außer Manny (und ein paar besseren Licht- und Schattendarstellungen hier und dort) hat in diesem Spiel rein gar nichts den Titel „remastered“ verdient.

comparision

Nett ist auch nur der kleine Bruder von…

Ich will aber mal nicht so sein. Es gibt auch ein paar Dinge im Spiel, die nett oder gar ganz gut sind. Die Story des Spiels ist mit viel Fantasie versehen. Die Charaktere haben nicht nur einen sonderbaren und doch etwas speziellere Charakter, sondern sehen auch zu großen Teilen sehr fantasievoll aus. Das Spiel ist gut synchronisiert, auch wenn ich den Dialogen persönlich nicht so viel abgewinnen kann. Die Komik ist allenfalls ganz nett, ebenso wie die Option den Audiokommentar der Entwickler per Knopfdruck ein- und ausschalten zu können. Weniger gut gelungen sind einige Elemente im Gameplay, genauer in der Bedienung: Es ist ein wenig mühsam, dass man sich durch das Inventar immer komplett durch „scrollen“ muss, um einen Gegenstand auszuwählen. Es ist auch irgendwie nie klar, in welche Richtung man jetzt scrollen muss, um den kürzesten Weg zu einem Objekt zu wählen, da sich jedes Mal, wenn man etwas einsammelt, alle Objekte nach einer Regel zu ordnen scheinen, die mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden ist. Und ein weiterer Punkt, der zum Haare raufen war: Es gibt kein Autosave! Ja, es ist schön und gut nostalgische Gefühle wecken zu wollen, indem man so nah am Originalspiel bleibt, wie es geht… aber heutzutage, in Zeiten von Autosave und Checkpoints, speichert doch niemand mehr zwischendurch, das vergisst doch einfach jeder! Die einzigen Gefühle, die dann entstehen, wenn das Spiel mal wieder abstürzt (was es gerne mal getan hat), sind definitiv alles andere als schön oder nostalgisch…

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Fazit

Alles in allem lässt mich Grim Fandango Remastered mit einem echt faden Beigeschmack zurück. Ja, es ist ein Klassiker. Und ja, ich finde, wenn man ein echter Adventure-Megafan ist und das Spiel bis heute noch nicht gespielt hat, sollte man das schon rein aus Prinzip nachholen. Allerdings sind mir die Dialoge zu flach, das Gamedesign und Gameplay zu umständlich und generell wirkt die Remastered-Version als solche auf mich einfach nur enttäuschend. Viel Geld würde ich dafür nicht ausgeben, zum Glück ist es jetzt im Januar noch kostenlos im Playstore erhältlich gewesen. Zusammenfassend kann ich sagen: Neben Titeln wie zum Beispiel „Monkey Island“, das vor einiger Zeit ein überragendes Facelift bekommen hatte, sieht Grim Fandango im wahrsten Sinne des Wortes einfach nur richtig alt aus. Schade.

Bilder: Double Fine Productions