Seit 2011 bietet die Technische Universität München (TUM) den Studiengang „Informatik: Games Engineering“ an. Mitbetreut wird dieser von Prof. Gudrun Johanna Klinker, ihres Zeichens Leiterin des Lehrstuhls „Forschungsgruppe Augmented Reality“ (FAR).
Ich hatte das Glück, mich mit Prof. Klinker auf ein Gespräch treffen zu können, in dem sie mir genauere Einblicke über den Studiengang, die Voraussetzungen für den Antritt sowie die verwendeten Technologien geben konnte. Weiter erfuhr ich, wie viele Studenten ihr Studium vorzeitig abbrechen, woran das liegt und welche Karriere-Möglichkeiten sich nicht nur nach, sondern bereits während des Studiums bieten.
Der „Games Engineering“ Studiengang existiert bereits seit dem Wintersemester 2011/2012 und wurde schon direkt zu Beginn von Interessenten förmlich überrannt, insgesamt schrieben sich gut 180 Personen ein. Die Anzahl der neuen Studenten beträgt seither bei Studienbeginn mindestens 150 pro Jahr. Jedoch geben um die 40 Prozent der angetretenen Studenten nach den ersten beiden Semestern wieder auf. Wie Prof. Klinker vermutet, liegt das an den falschen Erwartungen, mit denen das Studium angetreten wird. So werden viele der Abgänger nicht durch schlechte Noten dazu gezwungen aufzuhören, sondern gehen diesen Schritt freiwillig. Ein großes Problem hierbei sei das Verständnis für den Begriff „Games Engineering“. Viele erwarten hier eher etwas in Richtung Game Design und werden doch ziemlich schnell von der bisweilen sehr trockenen Thematik überrumpelt.
Selbst wenn sie es können [Mathematik & Informatik], können sie sagen: „Das ist mir jetzt zu trocken“. […] Wir wollen, dass Menschen, die sich bei uns bewerben, eine realistische Vorstellung davon haben, was sie hier erwartet.
„Trockene Thematik“ mag jetzt sehr negativ klingen, gemeint ist hiermit aber lediglich der Umstand, dass der Studiengang „Games Engineering“ den technischen Aspekt der Spieleentwicklung in den Vordergrund rückt. Die Spielwelt zu entwerfen und zu formen liegt im Aufgabenbereich des Designers, der Programmierer setzt die Vorstellungen des Teams in Code um. Deshalb ist auch sich im Teamwork üben ein essentieller Teil des Studienplans.
Bereits im ersten halben Jahr bekommen die Studenten die Möglichkeit, mit der Unity-Engine zu arbeiten. Im späteren Verlauf werden weitere Technologien, wie Java, die Unreal Engine oder C++ gelehrt. Gegen Ende des ersten Semesters erhalten sie die Aufgabe, ihr erstes eigenes Jump-and-Run mit Hilfe dieser Technik zu entwickeln. Direkt benotet wird das Werk nicht, bei guter Arbeit verschafft es aber einen Bonus auf die zu schreibende Klausur. Eben dieses erste Projekt wird von vielen Studenten bereits in Teamarbeit bewältigt, so dass sich gegenseitig unterstützt und unter die Arme gegriffen werden kann. Viele dieser Gruppen arbeiten auch den Rest des Studiums und noch darüber hinaus an diversen Projekten weiterhin zusammen.
Eine nicht zu unterschätzende Hilfe bei der Entwicklung stellt das Gameslab dar. Hierbei handelt es sich um einen eigens für die Studis eingerichteten Raum, der über die allerneueste Hardware verfügt, die im Gaming-Bereich eingesetzt wird. Neben aktuellen Test-Rechnern und Standard Peripherie-Geräten wie Gaming-Mäusen, Tastaturen und Controllern, werden auch verschiedene andere Technologien zur Verfügung gestellt. So stehen auch Virtual-Reality-Geräte wie die Oculus Rift oder Bewegungssensoren und Force-Feedback-Stühle zur Verwendung bereit. Bei großem Andrang kann es allerdings vorkommen, dass die Studenten aufgrund des geringen Platzangebots zunächst auf eine Warteliste gesetzt werden.
Am Ende jedes Semesters findet der so genannte Demo Day statt. An diesem Tag steht die Magistrale der TU München ganz im Zeichen der Spiele und die Studenten können ihre Werke der breiten Öffentlichkeit präsentieren. Dabei sind auch verschiedene Industrie-Partner anwesend, die sich auf der Suche nach jungen Talenten befinden und unter Umständen die Studenten auch gerne noch direkt auf der Veranstaltung für ihr Unternehmen rekrutieren. Zu den engeren Kontakten des Games Engineering-Teams gehören beispielsweise BMW, Siemens, CipSoft, Travian und Ravensburger. Dr. Franz Glatz vom Werk1 hält sogar selbst verschiedene Vorlesungen.
Beim Demo Day können Studenten zeigen was sie gemacht haben. […] Da laden wir auch Firmen ein, die kommen und sich anschauen können, was die Studenten geschaffen haben.
Ein großer Fokus liegt auch auf den Serious Games, weshalb beispielsweise Siemens als Partner fungieren. Hier werden Spiele zum Beispiel als Lehrmethode für medizinische Zwecke verwendet. Durch Einsatz einer Kinect-Kamera kann eine Operation simuliert oder ganz allgemein das Innere des menschlichen Köpers gezeigt werden. Serious Games sind nur einer von zahlreichen Gründen, aus denen die bayerische Regierung dem gesamten Studiengang sehr positiv gegenüber steht und die Schirmherren so gut es geht unterstützt.
Abschließend kann ich sagen, dass das Gespräch mit Frau Prof. Klinker einen positiven Eindruck hinterlassen hat. Wer sich bewusst ist, dass der Studiengang „Games Engineering“ eine sehr technische Ausbildung ist, erfährt im Gegenzug intensive Betreuung und hat viele Möglichkeiten, mit der Industrie und aktuellen Techniken zusammen zu arbeiten. Dennoch sollte man im Vorhinein genau informieren, ob die eigenen Interessen statt auf der technischen Seite, nicht doch eher auf dem Bereich Game Design liegen.
Solltet ihr Lust bekommen haben an der TU München „Games Engineering“ zu studieren, könnt ihr euch auf der offiziellen Homepage ein genaueres Bild machen. Hier finden sich auch Ansprechpartner sowie die genauen Anforderungen zum Studienantritt.