»Kürzlich wollte ich essen, nichts besonderes, nur schnell auf einen Mexiko-Burger. Mein Stammrestaurant hatte angekündigt das Preismodell umzustellen und ich dachte mir, so schlimm kann das nicht sein. ich bestellte mir den gleichen Burger wie immer. Allerdings bekam ich statt dem erwarteten Leckerbissen lediglich eine Semmel mit Bohnenbratling drauf und auf meine verwirrte Frage hin, was mit der Salsa, Guacamole, den Jalapenos oder Zwiebeln sei, entgegnete mir die Frau am Tresen, dass diese nun extra erworben werden müssen. Soßen ein Euro, Belag zwei Euro. Allerdings gäbe es zwei Soßen und einen Belag im Sparangebot für 3,50 Euro.«
Obiges Beispiel mag lächerlich erscheinen. Allerdings geschieht ähnliches aktuell in der Games-Industrie. Die Entwickler in der heutigen Spielelandschaft sind dafür aber nicht grundlegend zu verteufeln, viel zu charmant wirkt der Reiz des schnellen Geldes durch den Verkauf, kleiner (un)nötiger Inhalte für kleines Geld. Gemeint sind hier die Mikrotransaktionen und/oder Downloadcontent (DLC), also Inhalte, die extra gekauft werden um das Spiel zu erweitern. Dass die Spieleentwickler hiermit ein wenig zusätzlichen Umsatz generieren wollen wäre soweit verständlich und okay.
Leider beschreitet die Industrie in der heutigen Zeit einen weitaus dunkleren Pfad. Schlagworte wie Pay-to-Win, Pay-to-Play und viele andere werden sofort geschrien, sobald ein DLC für einen Titel angekündigt wird. Warum reagieren wir so allergisch auf solche Ankündigungen, wurden wir einfach nur gegen Publisher und Entwickler aufgestachelt? Oder ist doch tatsächlich etwas dran am auf den ersten Blick so irrationalen Hass?
Haken wir zunächst den Teil ab, über den sich jeder beschwert, der aber wohl zu florieren scheint. Mikrotransaktionen in Smartphone-Games wie Die Simpsons – Springfield Tapped Out, Clash of Clans oder dem extrem verissenen Godus von Entwicklerlegende Peter Molyneux. Wobei hier unbedingt zu beachten ist, dass es sich bei Godus rein vom Gameplay her um weitaus mehr als „nur“ ein kleines Spielchen handelt. Vergleichbar ist es lediglich in der Preispolitik mit den anderen beiden Kandidaten. Wobei hier die Smartphone-Fassungen gemeint sind, die PC-Version, die mit einem Einstandspreis von 20 Euro zu Buche schlägt und noch Unmengen an zusätzlichen Kosten beinhaltet spottet schließlich jeder Beschreibung.
Zum Thema Mikrotranskationen in Smartphone-Titeln: ja sie sind schweineteuer und ja durch sie kommt man um Welten schneller voran. Und ja, das Spiel ist stellenweise nicht spielbar sofern kein echtes Geld ausgegeben wird. Allerdings handelt es sich bei den „unspielbaren“ Kandidaten glücklicherweise um einen geringeren Prozentanteil. Es wird also niemand gezwungen, Geld in Free-to-Play-Titeln auszugeben, die Entwickler scheinen aber genug Reibach mit den Spielen zu machen. Sofern ihr aber keine Lust darauf habt, in jedem zweiten Menü darauf hingewiesen zu werden, dass mit Echtgeld alles schneller geht, solltet ihr wohl einen großen Bogen um solche Titel machen.
Allerdings kommt auf mobilen Geräten oftmals ein grundlegendes Problem der Spieler selbst zum Tragen. Smartphone-Games die sich über Mikrotransaktionen finanzieren sind zunächst einmal Free-to-Play, da darauf spekuliert wird durch die Extraeinnahmen zu verdienen. Ohne diese Kleinstüberweisungen müsste aber der eigentliche Titel schon Geld kosten. Das will allerdings niemand ausgeben. Wir leben in einer unfassbar seltsamen Zeit. Jeder will alles für weniger dafür aber mehr und mit besserer Qualität als davor. Warum das nicht möglich ist scheint vielen unbegreiflich. Gute Produkte kosten Geld. Dafür bleibt ihr (in der Regel) von lästigen Sachen wie Kleinst-Downloadinhalten verschont. Zumindest in der Theorie.
Soviel zum kleinen Exkurs Thema Preispolitik.
Wären die Mikrotransaktionen auf ihren Smartphones geblieben, hätten heutige „Pro“-Gamer das als „Casual-Bullshit“ abgetan und sich über ihre vollständigen, nicht betroffenen Spiele gefreut. Leider ist die Spieleindustrie plattformübergreifend unterwegs und so fanden die beschriebenen Bezahlmodelle ihren Weg auch auf unsere Heimkonsolen und -Rechner. Hier jedoch oftmals mit dem unschönen Beigeschmack, dass wir den eigentlichen Titel bereits zum Vollpreis kaufen mussten, uns aber anscheinend trotzdem Inhalte fehlen, die wir nachkaufen sollen. Hier setzt das eigentliche Problem ein: Season Pass, DLC-Pakete und Vorbestellerboni.
Bestimmte Inhalte werden nur noch denjenigen angeboten, die Willens sind, die Katze im Sack zu kaufen, soll heißen: Vorbestellern. Okay, zugegeben, angeboten werden sie jedem, allerdings gegen nachträgliche Bezahlung. Vorbesteller hingegen erhalten sie direkt zum Release und ohne Extrakosten. Würde es sich dabei um nutzlose Inhalte wie Skins handeln, die keinerlei Einfluss auf das Spiel selbst haben wäre dieser Umstand vollkommen verkraftbar. Allerdings handelt es sich oftmals viel mehr um ganze Level, Abschnitte oder Charaktere. Diese können Gamer, die keine Lust haben, ein unfertiges Spiel vorgesetzt zu bekommen (seien wir mal ehrlich: Kaum ein Spiel kommt heutzutage noch „fertig“ auf den Markt) dann für teures Geld nachkaufen. Zugegeben, wir merken im eigentlichen Spiel nur in den seltensten Fällen, dass Inhalte direkt fehlen. Ärgerlich ist es aber allemal, wenn wir von unseren Kumpels hören, wie stark die Extra-Mission doch ist, während wir in die Röhre schauen.

Ebenfalls unschön: Mission oder Inhalte, die nur bei Bestellung über einen bestimmten Shop gewährt werden
Der Hohn ist oftmals, wir sehen den fehlenden Inhalt in unseren pöbligen Nicht-Vorbesteller-Version – beim Auswählen öffnet sich direkt der Shop. Glücklicherweise handelt es sich hierbei aber meistens nicht um die Story-Erweiterungen, sondern vielmehr um Skins oder zusätzlich Waffen, die meistens so gebalanced sind, dass sie den Vorbestellern keinen merklichen Vorteil verschaffen.
Auf ein anderes Problem trifft man als geneigter Spieler aber nicht nur als Vorbestellungs-Verweigerer: der Trend macht den Eindruck stellenweise in Richtung halbfertiges Spiel veröffentlichen, Rest der Story per DLC nachreichen zu gehen. Diese Praxis scheint bei der Assassins-Creed-Reihe, die spätestens nach dem letzten Titel „Unity“ zum „Prügelknaben“ für viele Spieler geworden ist, Gang und Gebe zu sein.. Hatte sich Ubisoft in den letzten Teilen etwas zurück gehalten, so gab es beispielsweise für Assassins Creed 3 doch eine beachtliche Anzahl an Story-Erweiterungen. Hier kam ein weiteres Problem auf, und zwar den Überblick zu wahren, welche Erweiterung Teil welcher Edition ist.
Addons werden die zusätzlichen Inhalte schon lange nicht mehr genannt, es handelt sich ja schließlich um mehrere Erweiterungen, die wir entweder einzeln, oder gebündelt im Season Pass bekommen. Wer denkt, es seien alle Inhalte enthalten, kann aber unter Umständen auf die Nase fliegen, genaues Nachlesen der enthaltenen Erweiterungen ist wichtig. es gibt nämlich bereits vereinzelte Fälle, bei denen lediglich ein Teil der Erweiterungen im Pass enthalten ist, die anderen gibt es dann unter Umständen in einer separaten Sammlung. Beispielsweise geschehen bei Borderlands 2. Im Season Pass sind nicht sämtliche verfügbare Zusatzinhalte enthalten, die restlichen mussten wir extra dazu kaufen. Die Preisersparnis zumindest ist aber immerhin tatsächlich oftmals gegeben, immerhin 10 Euro weniger als beim Kauf der einzelnen DLCs sind meistens drinnen.
Story-DLCs sind nicht per Definition schlecht, zumindest wenn das Hauptspiel in sich geschlossen ist. Die Borderlands-Reihe ist hier ein Parade-Beispiel, wie richtige DLC-Politik funktioniert. Ja, des gibt viele Inhalte. Wirklich viele. Aber alleine mit dem eigentlichen Spiel (egal welcher Teil der Serie) haben wir mehrere Stunden Spielspaß, genauer gesagt ungefähr 10 Call-of-Duty-Kampagnen. Jeder Inhalt ist preislich angemessen und erweitert die Erfahrung, wird aber auf keinen Fall unbedingt benötigt oder uns quasi direkt im Spiel auf’s Auge gedrückt.
So findet sich der Spieler gerade mit dem Prinzip des Downloadinhalts ab und wie es scheint begreifen die Entwickler langsam, wie das Medium Erweiterung zu funktionieren hat. Zudem wiegen wir uns in der vermeintlichen Gewissheit, dass es auf keinen Fall noch schlimmer kommen kann. Dann allerdings erscheinen Titel wie Mortal Kombat X oder Dead or Alive 5 und hauen uns mit einer dermaßen lächerlichen Preispolitik sowie unglaublich unnötigen Inhalten dermaßen stark aus den Socken, dass wir meinen könnten, wir wären direkt wieder in der Steinzeit der Spieleentwicklung gelandet.

Moralisch verwerflich in jedem Fall. Ob wegen dem Preis von 1,99 Euro oder dem Outfit an sich sei dahin gestellt.
Ich meine, ernsthaft: Easy-Fatalities im 5er Paket für 0,99€ und einem 30er Paket für 4,99€? Und wenn wir sie aufgebraucht haben das Ganze noch mal kaufen? Ein Seasonpass mit KOSTÜMEN FÜR DIE SPIELGFIGUREN der mal eben lässige 93 Euro kostet? Dafür, dass sich pubertierende Teenager daran erfreuen können, Kasumi dabei zuzusehen wie sie in einem Cheerleader-Kostüm durch die Gegend hoppelt? Das ist nicht nur dreist, das ist auch einfach lächerlich.
Ein Punkt, der mich selbst besonders traurig macht, ist dass Nintendo nun auch auf den Zug aufzuspringen scheint. Kamen sie mir bisher wie die „Good Guys“ vor, so sind die letzten Ankündigungen dann doch gelinde gesagt bedenklich. Die Kämpfer für Super Smash Bros. werden nun anscheinend nur noch zum Teil von uns selbst freigespielt, neue Charaktere müssen aber mitunter auch gekauft werden. So angekündigt auf der letzten Direct, wo es hieß, das Pokémon Mewtu wird der Riege der Kämpfer beitreten (FUCK YEAH!), allerdings zu einem Preis von 3,99 Euro. Hier kann ich auch nur appellieren: bitte bitte bitte Nintendo, fangt nicht auch so an. Ihr veröffentlicht glücklicherweise immer noch eine Menge kostenfreie Erweiterungen, bitte behaltet das bei. Gegen Bezahlung für Inhalte ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber driftet nicht zu sehr ab.
Hier am Ende landen wir allerdings wieder bei oben angesprochenem Problem. Die Leute kaufen was auch immer ihnen vorgesetzt wird. Deshalb wird sich nichts ändern. Leider leidet aber der Ruf von DLCs und Erweiterungen weiter darunter. Denn tolle Standalone-Addons wie beispielsweise First Light für Infamous Second Son werden auch als Abzock-DLC abgetan, bieten aber mehrere Stunden voll Spielspaß und sind mit ungefähr 15 Euro meist fair bepreist. Auch die kürzlich so stark kritisierte Idee von Valve, Mods nun auch kostenpflichtig anbieten zu können wurde geradezu niedergebrüllt, so dass sie nun einen Rückzieher machen mussten. Ich frage mich, warum? Ich hätte damals für Counter-Strike bezahlt. Als es noch eine Mod war. Die Qualität, die manche Fans in der heutigen Zeit liefern, liegt stellenweise weit über dem eigentlichen Spiel, das sie erweitern. Warum also nicht ihren Fleiß belohnen?
Hier wäre das Plädoyer meinerseits: schaut genau darauf, was ihr kauft. Denn am Ende sitzen immer noch wir Spieler am längeren Hebel. Die Entwickler sind darauf angewiesen, dass wir kaufen was sie veröffentlichen. Also sollten wir aufhören Beta-Tester zu spielen oder nutzlose Inhalte für teures Geld zu erwerben, die uns Nichts, den Publishern und Entwicklern dafür aber neue Elfenbein-Rückenkratzer bescheren. Zudem sollte im Kopf nicht sofort abgeschalten werden, sobald es heißt, ein DLC für Titel XY ist verfügbar. Seht nach worum es sich handelt und kauft nicht blind. Bestellt nicht vor. Der Würgegriff, in dem die Industrie uns vermeintlich hat ist letzten Endes nicht existent. Es ist genau andersrum.
Gegen unfertige Spiele und riesige Day-1-Patches können wir selber etwas ausrichten.
Wir müssten zeigen, dass wir Verschiebungen dulden. Dafür aber ein fertiges Spiel erwarten.
Dass DLCs erwünscht sind. Sofern sie Sinn machen.