Taschenspieler: Type:Rider

Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist eine wundervolle, kleine Auswahl an Glyphen, die unsere geschriebene Kommunikation seit Jahrtausenden verständlich machen.

Schrift – da habt ihr mich. In meinem sonstigen Leben bin ich Gestalter, arbeite also unentwegt mit Worten und ihren Formen und Farben. Ein besonderer Hang zur Typografie, also der Anwendung von Schrift in gestalterischem Kontext, ist etwas auf das ich in meiner Gestaltung gern viel Wert lege. Als Typonerd möge man mich dann beschimpfen, wenn ich Stunden damit zubringen kann, mir die Abstände zwischen den Buchstaben eines Wortes anzuschauen und diese auszugleichen, Ligaturen, also die Zusammenschlüsse zweier Buchstaben, die sich harmonisch miteinander verbinden, zu lobpreisen und Tage mit dem Gedanken verbringe, ob hier eine französische Rennaisance-Antiqua, oder ihr humanistischerer Vorgänger, die venezianische Renaissance-Antiqua die beste Wahl wäre.

Jeder, der jetzt mit offenem Mund und Fragezeichen (übrigens erstmalig aufgetaucht in der Karolingischen Minuskel, einer Handschrift-Art aus der Zeit von Karl dem Großen) in den Augen vorm Bildschirm sitzt und denkt: „Was für ein Lappen“ – der hat alles richtig gemacht und hat eventuell einen anständigen Beruf.

 

Wie kommt der ganze Kram denn nun zusammen, und wieso erzähle ich euch all das? Ganz einfach: Jeder von euch sollte Typografie kennen, lieben und nutzen und kann nun spielerisch alles Wichtige dazu lernen. In Type:Rider einem Geschicklichkeits-Rätsler für eure Handys und Tablets.

Wie in diesem Trailer zu sehen, bewegt man sich im Type:Rider als Doppelpunkt (Kolon) in einer Schattenriss-Optik, wie in Limbo, durch die Welt der Schrift. Von Höhlenmalereien über die Gothik, von Bodoni bis Spiekermann (Nee, nicht wirklich) erlebt man in liebevoll animierten Levels eine Zeitreise durch die Entstehung der Schrift und somit auch die Entstehung der Menschheit.

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Die Kolaboration von arte, Cosmografik und ex nihilo umfasst 10 Level mit je 4 Abschnitten und bietet somit einige Stunden an lehrreichem Spielspaß. Der toll inszenierte Soundtrack bringt einen in die richtige Stimmung und jeder, der durch das Spielen allein nicht genug lernt, hat die Möglichkeit auf Kurzaufsätze zuzugreifen, die ein wenig mehr ins Detail gehen.

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Type:Rider findet man im Google Play Store und im AppStore für 2,69€. Erhältlich in 5 Sprachen und 23 Ländern weltweit. Doch auch am heimischen Rechner kann man Type:Rider zumindest anspielen. Auf der Seite von arte, gibt es eine Demo der ersten fünf Levels.

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Jetzt also ran an die mobilen Endgeräte und Typografie büffeln! Und achtet mal draußen in eurer Umwelt darauf, wie bei Außenbeschilderungen von Geschäften teilweise die Buchstaben zu weit von einander wegstehen. So dass es aussieht als wäre da ein halbes Leerzeichen zwischengerutscht. Achtet mal drauf.

Hah, jetzt habe ich euch für Versalausgleich sensibilisiert und ihr werdet verstehen, warum die Welt Gestalter braucht. Weil das wehtut in den Augen. Euch nun auch.

Au revoír

Euer Tim